07.03.2019
Jeanette Zippel: Bienenlicht

13. April – 07. Juli 2019
Kirche St. Peter und Paul zu Roldisleben

Nicht erst seit dem Insektensterben beschäftigt sich die Gegenwartskunst mit den Bienen als
Thema. Schon seit einem halben Jahrhundert interessieren sich Künstlerinnen und Künstler

für den Bienenstaat als soziologisches und ökologisches Phänomen jenseits traditioneller Na-
turromantizismen. Eine wichtige Vertreterin dieser Kunstrichtung ist die Heidenheimer

Künstlerin Jeanette Zippel, die sich seit drei Jahrzehnten mit dem Thema auseinandersetzt.

Ihre künstlerischen Untersuchungen und Interventionen beruhen dabei auf naturwissen-
schaftlichen Erkenntnissen, ihren eigenen Erfahrungen als Imkerin und intensiven ästheti-
schen und ökologischen Beobachtungen. In der Ausstellung Bienenlicht in der Kirche

St. Peter und Paul zu Roldisleben gibt die Künstlerin einen Einblick in das Spektrum ihrer

Themen, die von den Nahrungspflanzen der Bienen, über deren Flug- und Kommunikations-
formen, ihren Wahrnehmungsweisen und deren sozialer und räumlicher Organisation reicht.

Für jedes Thema entwickelt sie eine entsprechende künstlerische Form, wozu sie unter-
schiedliche Materialien, Techniken und Medien einsetzt.

Gewickelte Papierröhren, in die Blattstrukturen eingeschnitten sind, symbolisieren beispiel-
weise den Prozess des Stoffwechsels zwischen den Bienen und ihren Nahrungspflanzen.

In kleinformatigen Tuschzeichnungen hält Jeanette Zippel die einzelnen Momente eines Bie-
nenflugs fest. Wie eine Biene die Welt durch ihre Facettenaugen wahrnimmt, wird in groß-
formatigen Farbdrucken visualisiert. Fächerförmige Collagen aus kleinen Wachspapieren

zeichnen die Schwänzeltänze der Bienen nach, mit denen sie untereinander kommunizieren.

Die soziale Organisation der Tiere, die bekanntlich nur als Volk überlebensfähig sind, thema-
tisiert die Künstlerin anhand der architektonischen Hervorbringungen der Bienen: den Wa-
ben. Verschiedene Wand-, Hänge- und Bodenobjekte aus Waben sowie raumfüllende Instal-
lationen visualisieren dabei neben der sozialen Organisation der Tiere auch grundlegende

Bauprinzipien der Natur.
Doch die Künstlerin richtet ihren Blick nicht nur auf die Bienen als Naturwesen, sondern auch
auf deren Verhältnis zu uns Menschen, denn wir nutzen und züchten diese Tiere schon seit
Jahrtausenden. Für die Künstlerin und Imkerin ist deshalb auch naheliegend, nicht nur Kunst

über Bienen, sondern auch für Bienen zu machen. Auf Grundlage ihres Wissens und ihrer Er-
fahrungen gestaltet sie Bienenstöcke und konzipiert Bienengärten. Besonders in den Gärten

gelingt es ihr auf beeindruckende Weise, den menschlichen Besuchern die Lebenswelt der
Bienen näher zu bringen und zugleich den Bedürfnissen der Tiere gerecht zu werden. Solche

Bienengärten hat Jeanette Zippel in den letzten beiden Jahrzehnten in Stuttgart, Heiden-
heim, Hermannsdorf, Esslingen, Mariposa (Teneriffa) und Freiburg realisiert.

Wie in einem Bienenstaat, in dem sich die unterschiedlichen Aktivitäten vieler Individuen zu
einem lebendigen und nachhaltigen Ganzen verbinden, so fügen sich also auch die einzelnen

Werkkomplexe zu einem künstlerischen Gesamtwerk, das den Betrachtern einen gleicher-
maßen differenzierten wie erschöpfenden Einblick in die Welt der Bienen als ästhetisches,

soziologisches und ökologisches Naturphänomen gibt.

Das Besondere der Ausstellung in Roldisleben ist die Herausforderung, mit den künstleri-
schen Arbeiten im vorhandenen Kirchenraum eine besondere Synergie zu schaffen. Kunst

über Bienen passt inhaltlich gut zu einem Kirchenraum, da die Bienen in der christlichen Tra-
dition nicht nur mit ihren Produkten, sondern vor allem auch durch ihr Leben in einer sozia-
len Gemeinschaft eine grundlegende Bedeutung haben. Bienenwachskerzen waren lange

Zeit die einzige Lichtquelle in den Kirchen und das Bienenwachs deshalb sehr wertvoll. Die
spirituelle Bedeutung der Bienen ist Grundlage vieler inhaltlicher Vergleiche mit dem Geist

und der Seele des Menschen. So finden sich die Biene und der Bienenkorb auch immer wie-
der in christlichen Darstellungen und Allegorien vor allem im Bezug zu Christus und Maria.

In der Ausstellung wird deshalb versucht, nicht nur räumliche, sondern auch inhaltliche Be-
züge zu schaffen.

Die Ausstellung von Jeanette Zippel eröffnet das Projekt Bienen-Garten-Kirche Roldisleben.
Dieses Projekt mit dem Schwerpunkt Bienenleben und Schutz der Bienen im Kontext Kirche

soll in Roldisleben einen kulturellen und ökologischen Schwerpunkt in der Region und dar-
über hinaus schaffen.

So konnte für einen Vortrag zur Vernissage der bekannte Bienenforscher Herr Prof. Dr. Jür-
gen Tautz gewonnen werden. Er hat mit seiner hervorragenden Forschungs- und Öffentlich-
keitsarbeit in den letzten Jahrzehnten viele Menschen für die Bienen und deren Erhalt be-
geistern können. HOBOS (HOneyBee Online Studies) ist ein Würzburger Honigbienenprojekt,

das Prof. Dr. Jürgen Tautz seit 2006 als ein interaktives Schulkonzept entwickelt und leitet.

Weltweit kann jeder über das Internet mit Mikro-Chips ausgestattete Bienen und das Innen-
leben eines Bienenstocks sowie zahlreiche Messwerte aus der Umwelt (Wetter, Vegetation,

Boden) verfolgen. So zeigen sich viele für den Menschen wichtige Aspekte der Ökologie. Das
Nachfolgeprojekt von HOBOS, we4bee ( https://we4bee.org ) hat erst vor wenigen Wochen
begonnen und wird, gefördert durch die Audi-Stiftung für Umwelt, zunächst 100 Schulen mit
Hightech-Bienenstöcken ausstatten und vernetzen. Darüber wird er, neben vielen anderen
spannenden Einblicken in das Bienenleben in seinem Vortrag sprechen.

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